2. Januar 2011

Triebe, Klischees, Emanzipation und die Sache mit dem Humor

Vielen Dank an Micha für diese ausführliche Antwort auf meinen Blog:

Ich denke, dass sowohl Frauen als auch Männer sich heutzutage im Spannungsfeld zwischen tierischen Trieben und gesellschaftlich-kulturellen Wünschen und Ansprüchen befinden. Gerne werfen wir dem anderen Geschlecht vor, dass es oberflächlich wäre oder nur nach dem Äußeren schauen würde.
Doch tragen wir das nicht alle in uns?

Schon als 10-jähriges Kind vergleicht man die Schönheit der eigenen Mutter mit der Schönheit anderer Frauen. Ich kann mich da nur zu gut an meine eigene Kindheit erinnern. Nicht selten empfand ich das Lächeln juveniler Frauen als intensiver als das meiner Mama, und manchmal machte mich das traurig oder nachdenklich.
Auch die 10-jährige Tochter meiner Nachbarin scheint gerne und oft die Schönheit ihrer Mutter zu artikulieren.

Gleichwohl scheinen Frauen und Männern oft gegeneinander differenzierbare Attribute zu favorisieren. Und diese haben meines Erachtens mehr mit Evolution als mit Klischee zu tun.
Sie sucht Dominanz, er Schönheit.
Obgleich mein Sohn mit 10 Jahren die Pubertät noch vor sich hat, sehe ich in seine Augen, erkenne ich mich selbst in ihm. Süß, lieb, freundlich, schöne, hübsche, große, dunkle Augen. Ich könnte reklamieren: Als junger Bursche war ich ein hübsches Kerlchen.

Was damals für die Mädchen oder jungen Frauen meines Alters viel wichtiger war: Jungs, die sich durchsetzen konnten. Vielleicht auch hier da mal geprügelt und somit ihre Stärke manifestiert haben. Die Mädels, die sich in solche Kerle verliebt haben, taten das instinktiv, nicht weil kulturelle Etiquette ihnen sagten "Sowas macht man nicht, man sollte sich besser anständig verhalten".
Vielleicht ein bisschen Klischee, aber auch mit Bezug zur Realtität: Junge Frauen stoßen sich ihre Hörner ab. Irgendwann lernen sie (vielleicht) zu differenzieren zwischen Instinkt, Affekt und Werten, die für eine Beziehung wichtig sind. Klar, Durchsetzungsvermögen kann auch da von Vorteil sein, wenn es um den Schutz des eigenen Nestes geht. Aber es geht auch um innerpartnerschaftliche Verhaltensweisen.

Und Männer, kein Deut "besser" im Sinne einer gesellschaftlich-kulturellen Aufklärung.
Immer werden der junge Busen und der knackige Hintern betörend auf ihn wirken.
Entgegen manchen Klischees mag es auch Männer geben, die sich sogar nach einer Frau sehnen, mit der sie sich intelligent unterhalten können. Beide "Optimierungsgrade" mögen natürlich konfliktär sein. Zumindest was die unterschiedlichen Lebenserfahrungen angeht.

Beide Geschlechter verändern sich ja auch während ihres Lebens. Innerlich und äußerlich. Ich schätze, dass wenigstens 50% aller jungen Frauen über ihren ersten Flirt sagen "Der verarscht mich doch nur". Dabei wäre es nicht ungewöhnlich, dass sich der Cocktail der Anziehungskraft bei ihm und bei ihr aus unterschiedlichen Inkredenzien zusammensetzt. Sie träumt von der großen Liebe, der nicht endenden Geborgenheit, er von seinem ersten Mal. Mit Verarschen hat das wenig zu tun. Viel mehr mit Lebenserfahrung. Und mit zunehmender vermag es jeder wohl mehr, sich in die Sexualität und Bedürfnislage des anderen Geschlechts hineinzuversetzen. Einen ganz großen Betrag hat hier sicher die Emanzipation geleistet. Für einen Menschen, der Macht hat, besteht ja gar kein Bedürfnis, sich mit der Seelenlage des Partners zu beschäftigen, wenn dieser 100% abhängig ist.
Das Thema der Emanzipation selbst ist ein sehr komplexes und bei Weitem nicht einfach zu beantworten mit "Ja, 100% alles richtig". Viel mehr wird es vielen historisch notwendigen und sinnvollen Korrekturen (zugunsten der Frau) auch viele Bereiche geben, in denen man eine Emanzipation gar nicht möchte. Oder Frau sogar merkt: "Prima, jetzt bin ich emanzipiert, aber oh, wo bleibt nun der Mann, der mich erobert?".

Zum Thema Humor bei der Frau. Soweit ich weiß, schätzt die Frau den Humor beim Manne mehr als vice versa (Anmerkung von officialregs: lat. "umgekehrt"). Zumindest wenn man von der These ausgeht, dass Mann doch zuerst und vielleicht auch auf den 2. Blick auf das Äußere der Frau schaut.
Der Begriff Humor scheint aus meiner Sicht etwas zu wenig beleuchten oder zu definieren, was für Menschen (hence: beide Geschlechter) von Relevanz und Wichtigkeit ist. Nämlich: Eine Art Frohmut, Lebensmut, Lebensfreude, Lebensfreudigkeit. Gleichwohl scheinen diese Facetten ein Anhängsel des Humors zu sein bzw. diesen überhaupt erst zu ermöglichen.
Dort, wo keine Lebensfreude besteht, wird meist auch der Humor zu kurz kommen.
Vielleicht meinten das sogar die Männer (bewusst oder unbewusst), als auch sie bei der Frau den Humor an 1. Stelle setzten.
Wenn eine wunderschöne Frau an Depressionen leidet, dürfte sie weniger attraktiv erscheinen, selbst für Männer mit dem Ganzkörperblick. (Umgekehrt natürlich auch, aber Frauen favorisieren ja offenbar ohnehin bei Männern den Humor).

Wenn ich ein bisschen den Versuch eines Resümees machen darf - in einer Partnerschaft (und schon bei der Anbahnung?) kommt es weniger darauf an, die Attribute des anderen an den eigenen zu messen. Oder zumindest nicht darauf zu fokussieren. Sobald das Echauffieren (möglicherweise auch erst später in der Beziehung) überwiegt, kommt das doch dem Ende der eigenen Beziehungs(erhaltungs)bemühungen gleich.
Viel mehr geht es um Akzeptanz (oder Nichtakzeptanz).
Individuelle (menschliche) Unterschiede scheinen hierbei fast wichtiger zu sein als geschlechtliche. Mit denen Frau und man(n) aber immer leben muss und die ja auch einen großen Teil der Anziehungskräfte ausmachen.


Es ist schön mal eine so ausführliche Schilderung eines Mannes zu lesen. Micha, ich stimme dir sogar zu, dass eine Frau, die mit Freude und Mut durch ihr Leben geht, bei weitem attraktiver ist. 
In einem muss ich dir allerdings widersprechen: Dominanz ist nicht unbedingt das, was eine Frau in einem Mann sucht. Es ist eher Akzeptanz und ein paar starke Arme, die sie und die Familie ggf. schützen. Dominanz hat für mich aber den bitteren Nachgeschmack der Herrschsucht bzw. Herrschaft und ich denke, eine starke Frau braucht eher einen ebenbürtigen als einen dominanten Partner. Klar, es gibt immer Frauen, die "schwächer" sind und sich deshalb einen Mann wünschen, der ihnen sagt, wo es langgeht. Doch ich denke, dass es in einer Gesellschaft, wo Frauen ebenfalls Macht haben, weniger um Dominanz geht als um die gleiche Augenhöhe und sich Stärke bei beiden Geschlechtern auf geistige Stärke bezieht.

Lebensfreude und Lebensmut sollte bei beiden Geschlechtern an erster Stelle stehen. Leider kenne ich viel zu viele Frauen und Männer, die nichts anderes kennen als Selbstmitleid. Schade eigentlich, denn wir könnten alle so viel aus unseren Leben machen!

In diesem Sinne: Danke nochmal, Micha, für deine ausführliche Schilderung und den Mut, deine Meinung zu äußern!

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